Corona-Virus: Auswirkungen auf laufende Gerichtsverfahren; Präventive Maßnahmen: Beweissicherung, Anspruchssicherung
Verlegung einer Gerichtsverhandlung
Ist vom Gericht bereits der Termin für eine Verhandlung festgesetzt, so kann dieser Verhandlungstermin (sog. Tagsatzung) nur durch richterliche Entscheidung verlegt werden (sog. „Erstreckung“). Solche Erstreckungen können entweder auf Antrag einer der Parteien oder von Amts wegen durch richterliche Entscheidung stattfinden. Das Gesetzt zählt explizit auf, in welchen Fällen eine solche Verlegung einer Verhandlung zulässig ist.
Denkbar sind aufgrund des Coronavirus insbesondere folgenden Verlegungsgründe:
- Es liegt ein „unübersteigliches“ oder „doch ein sehr erhebliches Hindernis“ vor. Einer Partei oder beiden Parteien ist deshalb das Erscheinen bei der Verhandlung nicht möglich und würde – wenn die Verhandlung nicht verlegt wird – „einen nicht wieder gut zu machenden Schaden“ zur Folge haben;
- wenn das Gericht durch „anderweitige unaufschiebbare amtliche Obliegenheiten“ oder „aus sonstigen wichtigen Gründen“ an der Aufnahme oder Fortsetzung der Verhandlung behindert ist;
- wenn die Verhandlung ohne die obgenannten Hindernisse nicht abgeschlossen werden kann.
Praktisch heißt das:
Wenn eine Partei, ein Zeuge oder gar der Anwalt (zu dem ein maßgebliches Vertrauensverhältnis besteht) erkrankt ist, macht es grundsätzlich Sinn, eine Verlegung einer bereits anberaumten Tagsatzung zu beantragen. Es kann jedoch auch sein, dass man ungeachtet dessen an einer Tagsatzung festhalten sollte (Stichwort Verjährung, Beweissicherung etc.). Ob es Sinn macht, bei Gericht einen Vertagungsantrag zu stellen oder an der Verhandlung festgehalten wird, muss stets im Einzelfall geprüft werden. Wenn vom Gericht kein persönliches Erscheinen der Partei aufgetragen worden ist und keine Aussicht auf eine vergleichsweise Erledigung besteht, kann der Anwalt auch alleine zur Verhandlung gehen (insbesondere macht dies Sinn, wenn es sich um die sog. „vorbereitende Tagsatzung“ handelt, in welcher das Gericht zunächst mit den Parteien Vergleichsgespräche führt und „lediglich“ beschließt, welche Fragen im Prozess durch die Aufnahme welcher Beweise zu klären sind (Festlegung des sog. „Beweisprogramms“ durch einen sog. „Beweisbeschluss“).
Sagen Sie Ihrem Rechtsanwalt rechtzeitig Bescheid, wenn Sie möglicherweise an einer Verhandlung nicht teilnehmen können. Er kann bei Gericht einen Vertagungsantrag stellen.
Sicherung einer Beweisführung
Wenn die Befürchtung besteht, dass Beweise verloren gehen oder deren Benützung erschwert wird , ist gerade in der derzeitigen Lage auch stets zu prüfen, ob es nötig ist, einen sog. Beweissicherungsantrag bei Gericht zu stellen, wenn absehbar ist, dass ein Prozess aufgrund des Corona-Virus maßgeblich verzögert wird. Ein solcher Beweissicherungsantrag kann auch gestellt werden, bevor überhaupt ein Rechtsstreit vor Gericht anhängig ist. Im Beweissicherungsantrag sind die Tatsachen darzulegen, über welche die Beweisaufnahme erfolgen soll. Weiters sind die Beweismittel anzugeben (den zu vernehmenden Zeugen, den allenfalls vorgeschlagenen Sachverständigen). Schließlich sind die Gründe darzulegen, weshalb die Gefahr besteht, dass ein Beweis verloren geht oder dessen Benützung erschwert wird. Informieren Sie Ihren Rechtsanwalt. Er klärt Sie auf, ob ein Beweissicherungsantrag Sinn macht oder nicht.
Anspruchssicherung
Droht aufgrund von Verzögerungen die Durchsetzung eines Anspruchs verloren zu gehen, besteht die Möglichkeit, bei Gericht eine einstweilige Verfügung zur Sicherung dieses Anspruchs zu beantragen. Es handelt sich um Maßnahmen des sog. „einstweiligen Rechtschutzes“. Denn was nützt ein Urteil, das einem einen Anspruch zuerkannt, wenn er praktisch dann nicht mehr durchgesetzt werden kann? Ihr Rechtsanwalt klärt Sie auf, ob eine solche einstweilige Verfügung bei Gericht beantragt werden sollte.